Lehrstuhl für Finnougristik
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Finnlandexkursion 2009

Im Februar 2009 brach eine Gruppe am Institut für Finnougristik/Uralistik Studierender auf, um für eine Woche das winterliche Finnland zu erkunden. Die Reise führte uns zunächst nach Tampere, eine traditionsreiche Industriestadt und danach nach Helsinki und die Exkursion gab uns nicht nur Gelegenheit, in den finnischen Winter, sondern natürlich auch in die Sprache und Kultur einzutauchen und uns mit wichtigen Wendepunkten der finnischen Geschichte zu befassen.

Nachdem wir die ersten Eindrücke von Tampere zunächst bei einem nächtlichen Spaziergang nach Pyynikki gewinnen konnten, lernten wir die über 200 000 Einwohner zählende Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten im Rahmen einer Stadtführung auch bei Tag kennen. Zudem bildeten auch die deutsche und finnische Sprache, genauer gesagt das Übersetzen aus der einen in die andere Sprache, einen wichtigen Aspekt unseres Besuchs in Tampere. Als Gäste des Instituts für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Tampere durften wir uns gemeinsam mit finnischen Studierenden an der Übersetzung einiger Kapitelanfänge aus Ruth Moschners Roman Vollblondige Businen erproben, dessen besondere Schwierigkeit darin besteht, dass die Kapitel jeweils mit einem Sprichwort beginnen. Die Zusammenarbeit deutscher und finnischer Muttersprachler erwies sich bei der Übersetzung als äußerst produktiv und die Gruppen konnten gute Ergebnisse erzielen, wovon folgenden Beispiele zeugen.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Sagt meine Großmutter, die im Übrigen neben meiner Mutter auch noch meinen Onkel Eddi und die Zwillinge Martha und Karl großgezogen hat.

Varovaisuus on valttia. Näin sanoo isoäitini, joka muuten kasvatti äitini lisäksi vielä enoni Eddin sekä kaksoset Marthan ja Karlin.

[«]Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus, mein Kind.» Omi gießt heißen Tee in unsere Tassen und beginnt, den Frankfurter Kranz auf die Teller zu verteilen.

[«] Niin metsä vastaa kuin sinne huudetaan, lapsoseni. » Mummi kaataa kuumaa teetä kuppeihimme ja jakaa Frankfurter Kranz-kakkua lautasillemme.

Gestärkt von finnischen Spezialitäten wie Rentierschinken, karelischen Piroggen mit Eierbutter, dem so genannten Brotkäse und vielem mehr, das unser Gastgeber Dr. Jürgen Schopp im Institut Übersetzen und Dolmetschen für uns zusammengetragen hatte, konnten wir in Tampere die Parade der Abiturienten, die gerade ihre schriftlichen Prüfungen abgelegt hatten, verfolgen. Im Rahmen der Penkkarit verkleiden sich die Abiturienten und fahren auf der Ladefläche von Lastwagen feiernd und Bonbons in die Zuschauermenge werfend durch die Städte, während die Abiturienten des kommenden Schuljahres am folgenden Tag in ihren Schulen einen Ball abhalten, der Vanhojen tanssit genannt wird und zu dem wir ins Gymnasium von Lempäälä eingeladen wurden.

Neben den zahlreichen schönen Begegnungen und heiteren Erlebnissen wurden wir allerdings auch an dunklere Zeiten der finnischen Geschichte erinnert, als wir im Museum Vapriikki auf dem Geländer einer ehemaligen Textilfabrik eine Ausstellung besuchten, die die Ereignisse des Bürgerkriegs von 1918 in Tampere dokumentiert. Die Ausstellung ist als Straße des Bürgerkriegs konzipiert, deren Boden erst mit einem weißen Muster, das Schnee symbolisiert, bedeckt ist, der dann immer mehr von roten Flecken als Symbol für Blut ersetzt wird. Durch Glasplatten im Boden sind zahlreiche Fundstücke von den Straßen von Tampere zu sehen und auch darüber hinaus zeigt die Ausstellung viel authentisches Material wie Tonaufzeichnungen von Feuerbefehlen, Uniformen, Flugblätter und vieles mehr. Zudem vermittelt eine Batterie von Gewehren einen - wenn auf natürlich nur sehr entfernten - Eindruck davon, wie es sich anfühlen mag, vor einem Erschießungskommando zu stehen.

Während in Tampere damit ein sehr grausames Kapitel der finnischen Geschichte thematisiert wurde, stand in Helsinki bei unserem Besuch der Ausstellung 1809: Ero ja uusi alku - ’1809: Trennung und ein neuer Anfang’ in finnischen Nationalmuseum ein Krieg im Mittelpunkt, der als der Beginn einer neuen Ära betrachtet wird. Dieser Neuanfang, der im Jahr 2009, 200 Jahre zurücklag, markierte das Ende der schwedischen Herrschaft über Finnland, da das schwedische Königreich die Gebiete des heutigen Finnland an Russland verlor und somit Finnlands Zeit als autonomes Großfürstentum Russlands begann, die schließlich in die finnische Unabhängigkeit mündete.

Nach einer Woche mit vielseitigem und abwechslungsreichem Programm und vielen Begegnungen und persönlichen Erlebnissen kehrten wir um viel Wissen und zahlreiche Erfahrungen bereichert nach München zurück und konnten noch lange von den gemeinsamen Tagen in Finnland zehren.

Die Finnlandreisenden