Lehrstuhl für Finnougristik
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Bericht Erasmus-Austauschdozentur Budapest

Bericht zur ERASMUS-Austauschdozentur

  • "Finnische Literatur: Leena Krohn und Rosa Liksom"
  • "Finnische Konversation: Ungarische, finnische und deutsche Küche"
  • "Fremdsprachendidaktik: How to teach vocabulary – some aspects"

Gehalten von Katri Wessel, M.A.

Eötvös Loránd Tudományegyetem (ELTE)

Budapest, 19.-28. März 2007

Das Institut für Finnougristik und Uralistik und die Eötvös Loránd Tudományegyetem in Budapest kooperieren seit 2005 im Rahmen des Sokrates/Erasmus-Austauschprogramms. Seit dem Bestehen dieser Zusammenarbeit konnten Studierende unseres Seminars am universitären Leben der ELTE teilhaben und tief in die ungarische Sprache und den Alltag eintauchen. Auf der Ebene der Lehrenden hat Dr. Katalin Szili vom 19. Juni bis zum 22. Juni 2006 ein Blockseminar mit dem Thema „Präfixverben im Ungarischen“ gehalten. Im Gegenzug hatte ich die Möglichkeit, die Austauschaktivitäten unsererseits zu eröffnen und in der Zeit vom 19. März bis zum 28. März 2007 nach Budapest zu reisen, um an der ELTE zu unterrichten.

Mein Unterricht (insgesamt 9 Unterrichtsstunden) gestaltete sich sehr vielseitig, da er als Teil verschiedener Lehrveranstaltungen realisiert wurde: Auf Wunsch des dortigen Instituts für Finnougristik behandelte ich im Rahmen eines Seminars über moderne finnische Literatur Werke zweier wichtiger Gegenwartsautorinnen und übernahm einen Konversationskurs. Daneben dufte ich für die Studierenden der Studiengänge „Ungarisch“ und „Ungarisch als Fremdsprache“ einen Überblick über Aspekte der Wortschatzarbeit im Fremdsprachenunterricht geben.

Im Literaturseminar (zwei Unterrichtseinheiten zu je drei Stunden) des vierten Studienjahres wurden mit Leena Krohn und Rosa Liksom zwei zeitgenössische Größen der finnischen Literatur behandelt, die jedoch kaum unterschiedlicher sein könnten. Leena Krohns Mitte der 1980er Jahre erschienener Roman Tainaron mag bei der ersten Lektüre recht befremdlich anmuten, da es sich um einen Briefroman handelt, dessen Ich-Erzähler Briefe aus der „anderen Stadt“ Tainaron, die ausschließlich von insektenartigen Wesen bevölkert zu sein scheint, an einen Empfänger (und somit auch den Leser) schreibt. Im Unterrichtsgespräch entwickelten die Studierenden auf der Basis der vorab vorbereiteten Textauszüge sehr gute Interpretationsansätze, die meine Erwartungen zum Teil weit übertrafen und zogen u.a. auch Parallelen zu Aspekten der Mythologie einiger finnisch-ugrischer Völker. Sowohl die sehr guten sprachlichen Fertigkeiten der Studierenden, die problemlos in gesprochenem Alltagsfinnisch kommunizieren können, als auch ihre literaturwissenschaftlichen Kenntnisse, die zudem noch in der Fremdsprache angewandt wurden, zeugen vom hervorragenden Niveau des Sprachunterrichts sowie der literaturwissenschaftlichen Ausbildung.

Weit schwieriger als die Interpretation des Romans von Leena Krohn war der Umgang mit Rosa Liksoms oftmals erschütternder und deprimierend anmutender Kurzprosa, die die Themen Einsamkeit, Gewalt, Sexualität mit einer trüben und pessimistischen Grundstimmung sowie mitunter absurden Situationen verbindet. Obwohl die Texte (insgesamt fünf Kurzgeschichten aus Rosa Liksoms erstem Werk Yhden yön pysäkki (1985) und der Sammlung Perhe (2000)) u.a. unter sprachlichen Gesichtspunkten so ausgewählt worden waren, dass sie möglichst wenig der liksomtypischen Slang- und Dialektelemente enthielten, konnten diese Anteile natürlich nicht ignoriert werden. Die sprachliche Herausforderung, die diese Elemente bedeuten, meisterten die Studierenden gut und sie präsentierten gute Ansätze zur Interpretation der Texte. Als besonders interessant und aufschlussreich hinsichtlich der kulturellen Konditionierung erwies sich hierbei die Frage danach, ob bestimmte die Figuren (entweder Ich-Erzähler oder Figuren, von denen nur in der dritten Person Singular gesprochen wurde) weibliche oder männliche Figuren seien und welche Aussagen des Textes auf bestimmte Zuordnungen schließen lassen könnten.

Von den guten sprachlichen Fertigkeiten der Studierenden des dritten Studienjahres konnte ich mich während des Konversationskurses (insgesamt zwei Unterrichtsstunden) überzeugen, in dessen Rahmen ausgehend vom Thema „ungarische, finnische und deutsche Küche im Vergleich“ verschiedene Aspekte der jeweiligen Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Kulturen diskutiert wurden.

Der Überblick über Aspekte der Wortschatzarbeit wurde als Vortrag in englischer Sprache gehalten, an den sich eine ebenfalls englischsprachige Diskussion mit den 12 TeilnehmerInnen der Lehrveranstaltung anschloss.

Während meiner „Budapest-Premiere“ habe ich die Stadt als sehr vielseitig und faszinierend erlebt und noch lange nicht alles gesehen, so dass eine weitere Reise in die Donaumetropole auf jeden Fall in Aussicht steht. Besonders begeistert hat mich die Entdeckung, dass Budapest mit der Wesselény utca bereits eine Straße eigens für mich eingerichtet und benannt hat! ;-)